17. März 2014

Eine Helmpflicht nützt nichts, schadet aber

Die meisten Radfahrer verunglücken übrigens allein. An ihrem Sturz ist niemand anders schuld als sie selbst. Der typische Unfall zwischen Auto und Radfahrer ist der: Autofahrer will abbiegen, Radfahrer will geradeaus. 
In neunzig Prozent der Fälle trägt der Autofahrer die Schuld an Unfällen mit Fahrrädern. Das geht aus einer Untersuchung der Unfallforscher der Versicherer (UDV) hervor. (Und die sind wahrlich nicht autofeindlich.) Je weiter der Radweg von der Fahrbahn weg ist, je mehr Grünzeug oder anderes zwischen Autofahrbahn und Radweg ist, desto höher ist das Risiko, dass der Autofahrer beim Abbiegen den Radler übersieht, der geradeaus weiter will. 
Also liebe Städte, baut niemals Radwege parallel zu Fahrbahnen, die mit einem Grünstreifen von der Straße abgesetzt sind. Ihr sorgt sonst nur dafür, dass Radfahrer umgefahren werden. Da hilft dann auch der Ruf nach einer Helmpflicht nichts mehr. Er ist vielmehr eine Kapitulation vor der eigenen falschen Radpolitik. Eine Helmpflicht hilft nur der Helm-Idustrie.
Eine Untersuchung in Australien hat gezeigt, dass der Radverkehr drastisch abnimmt, wenn eine Helmpflicht angeordnet wird. Die Zahl der tödlichen Kopf-Verletzungen bleibt aber gleich. Der beste Schutz der Radfahrer ist die so genannte "safety number": Je mehr Radfahrer unterwegs sind, desto geringer ist das Risiko des einzelnen, einen Verkehrsunfall zu erleiden, denn die Autofahrer passen besser auf. Das gilt natürlich auch für das Abbiegeproblem. Autofahrer, die viele Radfahrer sehen, gewöhnen sich an, zu schauen, ob einer kommt, bevor sie beim Abbiegen Gas geben. 
Der beste Schutz von Radfahrern vor schweren Kopfverletzungen sind viele Radfahrer, nicht aber der Helm. Die australische Studie führt auf, dass 80 Prozent der tödlich verunglückten Radler einen Helm trugen. Das sind genau so viele, wie überhaupt mit Helm fahren. Und das heißt: Helmträger sterben nicht seltener im Straßenverkehr als solche, die keinen tragen. Eine im vergangenen Jahr veröffentlichte Studie der Universität von Toronto kommt zu dem Ergebnis, dass  nicht belegt werden kann, dass eine Helmpflicht einen Nutzen hätte. 
Was aber nicht heißt, dass der Radhelm ausgerechnet dir oder mir das Leben rettet, zum Beispiel auch bei diesen unglückseligen selbstverschuldeten Unfällen. Im Einzelfall also kann er helfen. (Oder aber auch nicht.) 
"Der Fahrradhelm ist das letztgültige Symbol der Unterwerfung unter die Allmacht des Autos", meint daher die taz-Redakteurin Ulrike Winkelmann in ihrem Standpunkt. "Wer den Helm trägt, ist vorm Autoverkehr eingeknickt." 
In der Tat macht allen vernünftigen Radlern ein Urteil des Oberlandesgerichts Schleswig Sorgen, dessen Richter dem Opfer eines Unfalls - einer Krankenschwester, die dauerhaft verletzt wurde - eine Teilschuld zusprach, weil "ein ordentlicher und verständiger Mensch" Helm trage. (Ein Autofahrer hatte seine Tür aufgestoßen damit die Radlern von Rad geholt.) Der Bundesgerichtshof prüft das Urteil gerade. Man kann nur hoffen, dass es das Urteil kassiert. 
Denn in letzter Konsequenz bedeutet es, dass die Opfer eines stärkeren Verkehrsteilnehmers immer eine Mitschuld haben, sie hätten sich halt vernünftig schützen müssen. Und dann müssen auch Fußgänger Helme tragen, Kinder sowieso. Einfach jeder, der sich dem Risiko aussetzt, im Autoverkehr einen Unfall zu erleiden. 

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