15. März 2015

Was denkt sich der Radler dabei nur?

Durchs Elsental führt mit mäßiger Steigung eine Straße aus Kaltental hinauf in den Dachswald. Die Straße fährt auch ein Bus. Das stresst Radler. 

Kein Radler hat gern den Bus hinter sich, wenn er mit Tempo 10 km/h einen Berg hoch keucht. Viele weichen in so einer Situation auf Gehwege aus. Um Radfahrern zu zeigen, dass sie hier trotzdem auf der Fahrbahn fahren müssen, hat man bergauf eine Sicherheitsspur hingemalt.



Kurioserweise sind dann einige Bergabradler auch auf der Sicherheitsspur hinuntergefahren, also links entgegen der Fahrtrichtung. Deshalb hat die Stadt oben ein Banner quer über die Fahrbahn gehängt, das den Radlern zeigt, wo sie fahren müssen.

Wie hier überhaupt ein so ein seltsames Missverständnis aufkommen kann, ist mir rätselhaft.

Auf der Suche nach einer Erklärung fallen mir zwei Gründe ein. Zum einen werden Radler in Stuttgart so oft auf verschlungene Wege geschickt - nach links auf den Gehweg, auf linksseite Radwege etc. -, dass sie aufs gemalte Radzeichen reagieren und prompt nach links rüber fahren. Auch wenn das Radzeichen hier für Runterfahrer auf dem Kopf steht.

Und Radfahrer kennen sich nur ungenügend mit den für sie gültigen und notwendigen Schildern und Fahrbahnmarkierungen aus. Denn wenn ich nach links muss, dann müsste hier ein blaues Radwegschild stehen. Und Sicherheitsstreifen - mit gestrichelter Linie - sind nicht einmal Radwege, sondern nur ein Signal an alle Verkehrsteilnehmer, dass hier Radfahrer unterwegs sind, also reine Straßenkosmetik.

Die Autofahrer, die die Straße "Im Elsental" hochfahren, kennen sich übrigens gut mit Sicherheitsstreifen aus. Sie fahren mit den rechten Reifen darauf entlang. Das dürfen sie, wenn sie keinen Radfahrer behindern. Kommt den Autos hier  auf dieser Spur ein Radler entgegen, dann nehmen sie ihn unweigerlich auf den Kühler.

Grundsätzlich gilt: Radfahrer verhalten sich wie Autofahrer: immer auf der Fahrbahn fahren, immer rechts bleiben, nicht auf Gehwegen radeln. Es sei denn Schilder regeln die Lage anders.

Nach längerem Nachdenken und ausgedehnten Diskussionen präzisiere ich hier noch mal: Das mit dem linksseitig bergab fahren ist den meisten Radlern wirklich ein Rätsel. Aber es ist ja nicht so, dass Stuttgart Radler per Bodenmarkierung nicht anderswo genau dazu zwingt, etwa an der Schleuse Tübinger Straße. Und als Ortsunkundiger, wie soll man im Elsental im Rollen so schnell entscheiden und erkennen, was hier richtig ist? Ein typisches Beispiel, dass Uneindeutigkeit an vielen anderen Stellen in Stuttgart hier zu einem Missverständnis führt.


4 Kommentare:

  1. Jaja dieser Versuch im Elsental: der ist zum Einen seit 31.12.2014 beendet und ist nun wohl in der Auswertung oder schon beschlossen, da die Markierungen noch vorhanden sind (warum dann noch die Info-Schilder??!).

    An sich ist das schon mal ein Abweichung von den generellen Rahmenbedingungen des Versuchs, dort heißt es "...beidseitige Schutzstreifen mit schmaler Kernfahrbahn als Lösung..." "...für Fahrbahnbreiten =7,00m..." - die Fahrbahn rauf nach Dachswald ist jedoch nur "...etwa 5,50 Meter breit..." und daher hat man sich hier wohl um "...grundsätzlich alle Verkehrsteilnehmer zu sichern..." für einen nur einseitigen Versuch entschieden.

    Reicht meiner Ansicht nach auch aus, den bergab kann man - bei dem Gefälle - durchaus mit dem Auto/Bus mithalten. Ich habe jedoch mehrfach Radler gesehen, die auf dem Gehweg bergab gefahren sind! Daher wurde - meine ich - das Transparent aufgehängt. Denn im Grunde ist kein Radler so bescheuert sich absichtlich in den Gegenverkehr zu werfen, es sei denn er wird dort hin geleitet (Ich verstehe auch nicht wie man als Radler auf so eine Idee kommen kann von wegen Rechtsfahrgebot, umgedrehte Radzeichen, endet/beginnt in einer Kurve und Menschenverstand!).

    Aber immerhin hat Stuttgarts kuriose Radweg-Sammlung auch so ein "Radfahrer-In-Gegenverkehr-Knäuel" offiziell zu bieten: die Radwegschleuse in der Tübinger Straße / Kreuzung Feinstraße. Mittlerweile sind Radfahrer aber zusätzlich auch berechtigt - im Gegensatz zu den Autos - auf natürliche, normale oder logische Weise nach links/geradeaus Richtung Innenstadt abzubiegen.


    Informationen zum Versuch:
    - Versuch "Elsental" -- hier unter "Schutzstreifen außerorts" [NVBW - Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg mbH]
    - Flyer wo Radler sowie Autos fahren sollen [NVBW]
    - Gutachten zur Führung des Radverkehrs in engen Straßenquerschnitten [NVBW / AGFK-BW]

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  2. Genau, Sebastian, es ist ja nicht so, dass Stuttgart die Radler nicht ab und zu (übrigens ohne zusätzliches Radwegschild) auf die linke Fahrspur lenkt, zum Beispiel an der Schleuse Tübinger Straße. Woher sollen Radler wissen, was für sie in jeweiligen Situationen gilt, was nicht. Übrigens gab es laut Fahrradbeauftragten eben doch eine nennenswerte Zahl vorn Radlern, die hier linksseitig als Geisterradler bergab gerollt sind. Ich habe auch beobachtet, dass andere Radler auf den Gehweg ausweichen. Und es ist auch gar nicht nötig, auf der Fahrbahn in der Geschwindigkeit von Autofahrern zu rollen (das trauen sich nur geübte und jüngere Radler). Jeder Radler darf auf der Fahrbahn genau die Geschwindigkeit fahren, die er fährt. Autos müssen hinter ihm bleiben, bis sich eine Gelegenheit ergibt zu überholen. Leider haben viele Radler die Nerven nicht, den Autoverkehr aufzuhalten. Deshalb sind solche Lösungen nicht gut. Da muss man sich etwas grundsätzlich anderes ausdenken. (Ich finde immer, solche Straßen sollten zu Fahrradstraßen erklärt werden, aber das ist juristisch nicht zulässig, weil man das nur bei Straßen machen darf, wo viele Radler unterwegs sind oder wo zu erwarten ist, dass viele unterwegs sind, wie etwa in der Tübinger Straße.)

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    1. „Ich finde immer, solche Straßen sollten zu Fahrradstraßen erklärt werden, aber das ist juristisch nicht zulässig, weil man das nur bei Straßen machen darf, wo viele Radler unterwegs sind oder wo zu erwarten ist, dass viele unterwegs sind, wie etwa in der Tübinger Straße.“

      Die VwV-StVO sagt dazu: „Fahrradstraßen kommen dann in Betracht, wenn der Radverkehr die vorherrschende Verkehrsart ist oder dies alsbald zu erwarten ist.“

      „Viele“ müssen es also nicht sein und wenn man keinen Autoverkehr in die Fahrradstraße lässt, dürfte der Radverkehr in den meisten Fällen die vorherrschende Verkehrsart sein. Die Kommunen hätten schon etwas Spielraum, sie trauen sich nur nicht den motorisierten Individualverkehr einzuschränken. Und wollen tun sie es auch nicht.

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  3. Friedhelm Waitzmann15. April 2015 um 02:38

    »Sicherheitsstreifen - mit gestrichelter Linie - sind nicht einmal Radwege, sondern nur ein Signal an alle Verkehrsteilnehmer, dass hier Radfahrer unterwegs sind, also reine Straßenkosmetik.«

    Leider nicht, siehe hier und hier.

    Friedhelm Waitzmann, Stuttgart, <publicJJJJMM.fwnsp@spamgourmet.com>

    Bitte JJJJ durch das Jahr und MM durch den Monat des Datums der Kontaktaufnahme ersetzen.

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